Systematische Innovation heißt, eine Kultur im Unternehmen zu schaffen, so dass Innovation nicht nur zufällig entsteht und dass gute Ideen auf fruchtbaren Boden fallen können.
2016 war ich bei der Design Thinking Gruppe in München auf einem Vortrag von Markus Andrezak zu Innovation – oder eigentlich dass Innovation das falsche Wort dafür ist, was Unternehmen eigentlich wollen, wenn es mit der Zukunftsfähigkeit nicht so klappt.
Der Vortrag brachte viele Impulse, bestätigte Erfahrungen und vermittelte einige neue Sichtweisen.
Ein Video von dem Vortrag finden Sie auf Youtube. Auf Slideshare sind ähnliche Folien von Markus zu finden. Der Vortrag (und viele Links) sind auf Englisch, leider.
Hier meine Überlegungen zur systematischen Innovation:
Innovationskultur: Innovation hat mit Können, Wollen und Dürfen zu tun
Dürfen:
Für Innovation braucht es die richtige Einstellung im Unternehmen: Innovation muss gewollt werden. Über die Kommunikation hinaus muss das auch an Freiraum und Anreizen sichtbar sein und wenn ein Mitarbeiter mit einer Idee kommt, sollte er das Gefühl haben, dass er eine wichtige Anregung hat, die ernst genommen wird.
Wollen:
Können:
Hier geht es nicht darum, lauter Steve Jobs oder Albert Einsteins zu haben. Eine nette Anekdote im Vortrag von Markus Andrezak war, dass Albert Einstein durch das Studium vieler Theorien und dem Austausch mit vielen anderen Wissenschaftlern zu seinen Theorien kam. Innovation braucht keine Genies, sondern Verständnis für Konzepte und (danach) die richtigen Methoden:
- Das Verständnis, dass Innovation der Schnittpunkt zwischen Wunsch, technische Machbarkeit und geschäftliche Machbarkeit sind (aus Design Thinking)
- Das Verständnis für Markt und Technologie – und für die Ziele Fähigkeiten der eigenen Firma
- Verständnis für den Unterschied zwischen Unterschied Idee und Innovation
Innovation ist, wenn der Markt Hurra schreit. Eine Idee ist der Anfang davon.Zu Innovation fragte Markus Andrezak zu Beginn seines Vortrags, was das eigentlich ist. Mir gefällt die Systematik von Forbes, die er dann gezeigt hat – nicht nur disruptive Innovationen sind erfolgreiche Innovationen.
Welche Definition von Innovation wichtig ist, hängt wieder von den Stärken der Firma ab.
- Verständnis dafür, woher Ideen kommen können: Auch hier sind nicht alleine die Genies wichtig, der Hausmeister (der alle Abläufe und Probleme kennt) und die Service-Techniker beim Kunden (die die meisten Gespräche mit den tatsächlichen Anwendern haben) sind genauso wichtig. Kunden und Partner sind ebenfalls gute Ideenlieferanten.
- Das Verständnis, dass komplexe Probleme Diversität brauchen, also viele Köpfe und Herzen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten. Und dann die Fähigkeiten, so miteinander zu arbeiten, dass das Ergebnis mehr ist als ein Einzelner hervorgebracht hätte.
Hier kann ich das Buch Innovationsmanagement für KMU von Oliver Gassmann und Peter Granig empfehlen. Im Kapitel 4.4 finden Sie Checklisten zum Thema Innovationskultur, die eine gute Ausgangsbasis bilden.
Berücksichtigen und vermeiden Sie das Innovator’s Dilemma
- Die Pioniere sind wie die ersten Pflanzen auf dem Ödland. Sie sehen die Chancen, und probieren viel aus. Oft scheitern sie. Das macht ihnen nichts aus, sie wandern dann einfach zur nächsten Möglichkeit. So entstehen Prototypen und Konzepte.
- Die Siedler sind die Pragmatiker, sie sehen die Prototypen, die die Pioniere ausprobiert haben und sagen: das bringen wir jetzt zum Laufen. So entstehen erste Produkte.
- Die Stadtplaner sagen: so geht das nicht. Das müssen wir nochmal richtig machen. Erst dann stimmen Qualität und Skalierbarkeit.
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http://blog.gardeviance.org/2015/04/the-only-structure-youll-ever-need.html |
Ich habe mein Berufsleben in der Mainframe Software-Entwicklung angefangen – und typische Stadtplaner getroffen. Und auch Siedler, die auf der Arbeit von Pionieren aufzusetzen, und neue Produkte zu schaffen. Und bin selbst einer geworden.
Oft genug habe ich als Technology Scout eine Absage von den eigenen Produktmanagern bekommen. Der typische Spruch ist dann: Geh weg, das brauchen wir nicht. Ein Ex-Kollege hat mir das erst diese Woche wieder bestätigt.
Innovation braucht Freiraum und Zusammenarbeit
Mache kleine Schritte, beobachte die Reaktion, und lerne daraus.
Ich habe eines von Henry Ford gefunden, das gut zu Innovation passt:
Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Fortschritt,
Zusammenarbeiten führt zum Erfolg
Und noch eines, das sich auf die Typisierung von Belbin bezieht:
Nobody is perfect but teams can be
Aus unterschiedlichen Quellen: (Kennedy, Indianer):
Niemand weiß so viel wie wir alle zusammen
Und aus einer Station in meinem Arbeitsleben:
Wenn Siemens wüsste was Siemens weiß
Die richtige Team- und Entscheidungskultur unterstützt Sie dabei.
Und noch mal: Methoden kopieren reicht nicht.
Dieser Punkt ist eine Wiederholung des ersten Punktes: Es kommt auf das „Warum“ an.
Markus hat das auch sehr deutlich dargestellt (hier nochmal der Link zum Video).
Hackatons einführen. Slacktime (20% Zeit in der Woche für „eigene Projekte“) schafft Innovation – oder?. Spotify kopieren, Agile einführen („twice the work in half the time“), oder das Unternehmen „demokratisieren“?
Diese Methoden sind alle gut. Die Methoden alleine machen noch keine Innovation.
Einfach eine erfolgreiche Methode zu kopieren ist, wenn Sie einen Kaktus so gießen wie Sie Ihren Hibiskus gießen (nämlich sehr viel). Das wird dem Kaktus nicht gut tun.
- Wenn das Management die Werte und Philosophie hinter den Methoden nicht umsetzt, werden sie nicht viel helfen.
- Die Methode muss zur Strategie und zur Firma passen. Ein schönes Videobeispiel ist von Dev Patnaik, ab Minute 13.
Zusammenfassung
Das war jetzt ganz schön viel. Wer es bis hierher geschafft hat: Danke fürs Lesen. Dafür gibt es jetzt eine Zusammenfassung:
- Dürfen: Man muss merken, dass Innovation gewollt wird: An der Haltung, an den Anreizsystemen, und wie mit Ideen umgegangen wird
- Wollen: Apropro Anzreizsystem: Geld ist nicht alles und nicht ideal für Kreativität
- Können: Verständnis für Innovationskultur ist wichtig, und was die eigene Firma will und kann
- Innovator’s Dilemma und langfristige Perspektive: Wenn Ihre Mitarbeiter ihre Ideen dem Produktmanager vorstellen, er wird sie wegschicken. Stellen Sie sicher, dass es auch andere Ansprechpartner gibt
- Pioniere, Siedler und Stadtplaner: Die richtigen Typen für die richtige Aufgabe. Und eine gute Kommunikation dazwischen
- Fehlerkultur oder positiv formuliert: machen Sie kleine Schritte, beobachten Sie und lernen Sie daraus.
- Zusammenarbeit im Team: Niemand weiss so viel wie alle.
Zusammenarbeit im Unternehmen, mit Kunden und Partnern: Überall können Ideen für Innovation sein. - Kaktus oder Hibiskus: suchen Sie sich die richtigen Methoden für Ihr Unternehmen, und fangen Sie „oben“ an, sie umzusetzen.